21035 – zwei Familien, ein Leben
Am Anfang des dritten Semesters bekamen wir einige Theaterstücke zur Auswahl für das Jahresprojekt, schließlich entschieden wir uns für eine Bearbeitung des Stückes ,,Unsere kleine Stadt“ von Thornton Wilder.
Das Stück handelt hauptsächlich von zwei Familien, Familie Karabaş und ihren Nachbarn, Familie Schröder. Die Familien sind kulturell sehr unterschiedlich, haben jedoch eine große Gemeinsamkeit: Sie repräsentieren die Einwohnerschaft von Allermöhe, wodurch man sich als Zuschauer/in gut in sie hineinversetzen kann.
Durch die Handlung führen zwei Spielleiterinnen, die das Stück kommentieren, organisieren und auch unterbrechen können. Dieses Element des epischen Theaters soll die Zuschauer/innen von der Handlung distanzieren, damit sie diese als allgemeingültig und übertragbar wahrnehmen können.
Der erste Akt heißt „Das tägliche Leben“. In diesem Akt geht es um den Alltag in beiden Familien und im Stadtteil und um die sich langsam entwickelnde Liebe zwischen den Teenager-Kindern beider Familien. Der zweite Akt „Liebe und Heirat“ handelt von ihrer Beziehung und geht bis zur Hochzeit. Im dritten Akt „Tod“ ereignet sich ein schwerer Schicksalsschlag und die Sicht auf das Leben aus dem Jenseits wird gezeigt, indem die Spielleiterinnen einer Figur einen großen Wunsch erfüllen.
Wir aktualisierten die Informationen in dem Stück zu Neuallermöhe und verfassten selbst neue Szenen, die das Leben in unserem Stadtteil mit seinen Besonderheiten veranschaulichen, und dann ging es auch schon an die Rollenverteilung und das Proben.
Da wir mehr Spieler/innen als Figuren und die Rollen unterschiedlich gewichtet waren, bekam jede/r in jedem Akt eine neue Rolle, so hatten wir mal eine größere, mal eine kleinere. Die Figuren wurden also im Sinne des postdramatischen Rollensplitting in jedem der 3 Akte von anderen Darstellern/innen verkörpert, was auch wieder die Universalität des Gezeigten verdeutlicht.
In den Proben fokussierten wir uns immer zuerst auf einen Akt und versuchten, diesen so gut wie möglich zu perfektionieren, indem wir erst Einzelszenen erarbeiten und diese anschließend zusammensetzten, dann arbeiteten wir ebenso am nächsten Akt, bis wir schließlich das ganze Stück von Anfang bis Ende spielen konnten. Da die Szenen sich schnell abwechseln und ineinandergreifen, war immer der Einsatz des ganzen Ensembles nötig und wichtig, was die Konzentration und das Mitdenken jedes/r einzelnen Mitspielers/in erforderte. In dem Stück kommt häufig Pantomime vor, so dass wir in den Proben auch viele Übungen machten, um unsere pantomimischen Darstellungsfertigkeiten zu verbessern, wie z.B. mit Gegenständen hantieren, Kisten tragen, Türen öffnen und schließen. Das Rollensplitting erforderte intensive Arbeit in Gruppen: Alle drei Spieler/innen einer Figur setzten sich zusammen, trafen Absprachen über ihre Rolle und übten, wie sie aktübergreifend die charakteristischen Eigenschaften der Figur in Sprechweise, Haltung etc. darstellen können.
Über das Spiel hinaus waren weitere Aufgaben zu erledigen, dazu teilten wir uns in Arbeitsgruppen zu verschiedenen Bereichen auf. In diesen kümmerten wir uns um die Requisiten, die Kostüme, das Bühnenbild, Musik und Geräusche, das Plakat und das Verfassen dieses Textes.
Am 16.04.2025 kam schließlich der Tag der Aufführung. Wir trafen uns morgens um 8 Uhr im Forum getroffen, zogen unsere Kostüme für den ersten Akt an, wärmten uns auf und begannen mit der Probe des gesamten Stücks. Die Herausforderung war, dass wir nun zum ersten Mal das Technik-Team dabeihatten, mit dem wir vorher noch nicht zusammengearbeitet hatten, also mussten wir nun vor der Aufführung gemeinsam Spiel und Technik zusammensetzen, aufgrunddessen ging es beim ersten Durchlauf nur langsam und schrittweise voran.
Nach dem zweimaligen Durchspielen des Stückes mit Technik war es dann schon Nachmittag und wir wurden bis zur Aufführung am Abend entlassen, um uns noch zu erholen und auch auf den Theaterauftritt vorzubereiten. Da es an manchen Stellen des Stückes in der Umsetzung gehapert und noch nicht jede/r seinen Text perfektioniert hatte, stieg die Aufregung, nicht nur bei uns Spieler/innen, sondern auch bei unserer Spielleiterin Frau Schmidt.
Um 18 Uhr trafen wir uns dann wieder, einige gingen noch einmal allein oder mit Spielpartnern/innen ihre Texte oder Szenen durch, der Raum füllte sich zunehmend, das Licht ging aus und kurz nach 19 Uhr begann unsere Aufführung. Wir als Schauspieler/innen saßen hinter dem Publikum und verfolgten das Stück sehr konzentriert, denn das Wichtigste war nun, seinen Einsatz nicht zu verpassen. Zwischen den einzelnen Akten hatten wir kurz Zeit, uns miteinander zu unterhalten, und wir waren alle erfreut darüber, wie gut alles lief: Die Patzer aus den vorherigen Proben traten nicht mehr auf, es wurden so gut wie keine Fehler gemacht und jede/r konnte seinen Text – es lief viel besser, als wir erhofft hatten. Eineinviertel Stunden später hatten wir es auch schon geschafft, überraschenderweise waren wir um einiges schneller als in der Generalprobe fertig und alle waren sehr erleichtert und stolz.
Anschließend bekamen wir ganz viel Lob und sogar die Rückmeldung, dass unser Spiel im dritten Akt sehr emotional gewesen sei und zu Tränen gerührt habe. Es hat uns sehr gefreut, dass wir es geschafft haben, Emotionen zu vermitteln, wie es sonst nur erfahrenen Schauspielern/innen gelingt.
Die Aussage unseres Stücks finden wir berührend, wahr und allgemeingültig, nämlich dass alle Menschen trotz äußerer Unterschiede im Grunde gleich sind in ihrem Wunsch, das Leben mit ihren Lieben bestmöglich und glücklich zu verbringen, und dass man angesichts der Höhen und Tiefen, die das Leben beinhaltet, jeden Moment bewusst erleben und schätzen sollte, in dem Bewusstsein, dass es ein Geschenk für eine befristete Zeit ist. Wir hoffen, unseren Zuschauern/innen mit unserem Stück diese Sichtweise vermittelt und damit zu einem toleranten und friedlichen Miteinander beigetragen zu haben, das wir uns überall wünschen, in den Worten von Zeynep: „21035 Hamburg, Deutschland, Kontinent Europa, Planet Erde, Sonnensystem, Universum“.
Zusammengefasst war unsere Theateraufführung ein Erfolgserlebnis, das wir sehr genossen haben, und damit ein perfekter Abschluss des zweijährigen Oberstufen-Theaterunterrichts.
von Amely Herchenröder und Julia Laub, ergänzt von Frau Schmidt,für den Theaterkurs S4 / Sch